[ Pobierz całość w formacie PDF ]
.In seine eignen leidenschaftlichen Betrachtungen vertieft, ritt Wilhelm weiter, ohne viel über das,was er sah, nachzudenken, stellte sein Pferd in einem Gasthofe ein und eilte nicht ohneBewegung nach dem Schlosse zu. 172Ein alter Bedienter empfing ihn an der Türe und berichtete ihm mit vieler Gutmütigkeit, daß er heutewohl schwerlich vor den Herren kommen werde; der Herr habe viel Briefe zu schreiben und schoneinige seiner Geschäftsleute abweisen lassen.Wilhelm ward dringender, und endlich mußte der Altenachgeben und ihn melden.Er kam zurück und führte Wilhelmen in einen großen, alten Saal.Dortersuchte er ihn, sich zu gedulden, weil der Herr vielleicht noch eine Zeitlang ausbleiben werde.Wilhelm ging unruhig auf und ab und warf einige Blicke auf die Ritter und Frauen, deren alteAbbildungen an der Wand umher hingen, er wiederholte den Anfang seiner Rede, und sie schienihm in Gegenwart dieser Harnische und Kragen erst recht am Platz.Sooft er etwas rauschen hörte,setzte er sich in Positur, um seinen Gegner mit Würde zu empfangen, ihm erst den Brief zuüberreichen und ihn dann mit den Waffen des Vorwurfs anzufallen.Mehrmals war er schon getäuscht worden und fing wirklich an, verdrießlich und verstimmt zuwerden, als endlich aus einer Seitentür ein wohlgebildeter Mann in Stiefeln und einem schlichtenÜberrocke heraustrat.»Was bringen Sie mir Gutes?« sagte er mit freundlicher Stimme zuWilhelmen, »verzeihen Sie, daß ich Sie habe warten lassen.«Er faltete, indem er dieses sprach, einen Brief, den er in der Hand hielt.Wilhelm, nicht ohneVerlegenheit, überreichte ihm das Blatt Aureliens und sagte: »Ich bringe die letzten Worte einerFreundin, die Sie nicht ohne Rührung lesen werden.«Lothario nahm den Brief und ging sogleich in das Zimmer zurück, wo er, wie Wilhelm recht gutdurch die offne Türe sehen konnte, erst noch einige Briefe siegelte und überschrieb, dann AureliensBrief eröffnete und las.Er schien das Blatt einigemal durchgelesen zu haben, und Wilhelm,obgleich seinem Gefühl nach die pathetische Rede zu dem natürlichen Empfang nicht recht passenwollte, nahm sich doch zusammen, ging auf die Schwelle los und wollte seinen Spruch beginnen,als eine Tapetentüre des Kabinetts sich öffnete und der Geistliche hereintrat.»Ich erhalte die wunderlichste Depesche von der Welt«, rief Lothario ihm entgegen; »verzeihnSie mir«, fuhr er fort, indem er sich gegen Wilhelmen wandte, »wenn ich in diesem Augenblickenicht gestimmt bin, mich mit Ihnen weiter zu unterhalten.Sie bleiben heute nacht bei uns! Und Siesorgen für unsern Gast, Abbé, daß ihm nichts abgeht.«Mit diesen Worten machte er eine Verbeugung gegen Wilhelmen, der Geistliche nahm unsernFreund bei der Hand, der nicht ohne Widerstreben folgte.Stillschweigend gingen sie durch wunderliche Gänge und kamen in ein gar artiges Zimmer.DerGeistliche führte ihn ein und verließ ihn ohne weitere Entschuldigung.Bald darauf erschien einmunterer Knabe, der sich bei Wilhelmen als seine Bedienung ankündigte und das Abendessenbrachte, bei der Aufwartung von der Ordnung des Hauses, wie man zu frühstücken, zu speisen, zuarbeiten und sich zu vergnügen pflegte, manches erzählte und besonders zu Lotharios Ruhm garvieles vorbrachte.So angenehm auch der Knabe war, so suchte ihn Wilhelm doch bald loszuwerden.Er wünschteallein zu sein, denn er fühlte sich in seiner Lage äußerst gedrückt und beklommen.Er machte sichVorwürfe, seinen Vorsatz so schlecht vollführt, seinen Auftrag nur halb ausgerichtet zu haben.Baldnahm er sich vor, den andern Morgen das Versäumte nachzuholen, bald ward er gewahr, daßLotharios Gegenwart ihn zu ganz andern Gefühlen stimmte.Das Haus, worin er sich befand, kamihm auch so wunderbar vor, er wußte sich in seine Lage nicht zu finden.Er wollte sich ausziehenund öffnete seinen Mantelsack; mit seinen Nachtsachen brachte er zugleich den Schleier desGeistes hervor, den Mignon eingepackt hatte.Der Anblick vermehrte seine traurige Stimmung.»: Flieh! Jüngling, flieh!9 « rief er aus, »was soll das mystische Wort heißen? was fliehen? wohinfliehen? Weit besser hätte der Geist mir zugerufen: : Kehre in dich selbst zurück!9 « Er betrachtete dieenglischen Kupfer, die an der Wand in Rahmen hingen; gleichgültig sah er über die meisten hinweg,endlich fand er auf dem einen ein unglücklich strandendes Schiff vorgestellt: ein Vater mit seinenschönen Töchtern erwartete den Tod von den hereindringenden Wellen.Das eine Frauenzimmerschien Ähnlichkeit mit jener Amazone zu haben; ein unaussprechliches Mitleiden ergriff unsernFreund, er fühlte ein unwiderstehliches Bedürfnis, seinem Herzen Luft zu machen, Tränen drangenaus seinem Auge, und er konnte sich nicht wieder erholen, bis ihn der Schlaf überwältigte.Sonderbare Traumbilder erschienen ihm gegen Morgen.Er fand sich in einem Garten, den er alsKnabe öfters besucht hatte, und sah mit Vergnügen die bekannten Alleen, Hecken und Blumenbeetewieder; Mariane begegnete ihm, er sprach liebevoll mit ihr und ohne Erinnerung irgendeinesvergangenen Mißverhältnisses [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]
  • zanotowane.pl
  • doc.pisz.pl
  • pdf.pisz.pl
  • centka.pev.pl
  •